Was sind denn eigentlich meine Bedürfnisse?

Kürzlich war eine sehr geschätzte Freundin von der Krankenpflegeschule bei mir zu Gast. Wir haben uns lange nicht mehr gesehen und umso mehr freute es mich, dass unser Gespräch sogleich so leicht und ehrlich wie früher sein konnte. 

Sie (Mutter zweier Kinder) erzählte mir, dass sie bei einem Vortrag als Zuhörerin war, der "Beziehung statt Erziehung" hieß und sich von dort mitnahm, dass die Kinderjahre rückblickend sehr schnell vorüber und nur ein kleiner Abschnitt des eigenen Lebens als Eltern darstellten. Es war Motivation für sie, weiterhin bewusst, achtsam und aufopferungsvoll Mama zu sein. Sie mochte es, Mutter zu sein. 

Ergänzend sagte sie, sie habe aber schon 2 mal eine Phase gehabt, wo in ihr etwas rebellierte: Ich möchte auch wieder mal nur "leben", mich auf mich und meine Bedürfnisse konzentrieren können. 

 

Nun ist es so: wir Menschen sind ja sehr vielschichtig. 

Wir sind nicht nur mentale Wesen, sondern auch basale, emotionale und geistig-spirituelle (Vielleicht sogar mehr. Bestimmt.). Und in uns leben Anteile, die verschieden alt sind. 

 

Wir können uns vornehmen, unsere Bedürfnisse für eine gewisse Zeit zurückzustecken. Das kann von unserer erwachsenen, mentalen Ebene ausgehen, gestützt von unseren Werten. Doch was heißt das genau - zurückstecken?

Zu oft nehmen wir Mütter unsere Bedürfnisbefriedigung so stark zurück, dass wir nicht nur im Nullbereich sind, sondern ständig im Minusbereich. Die Folge? Jüngere Anteile in uns werden laut - sehr emotional, wie Kinder halt sind. Oder wir reagieren nur mehr, als Antwort auf inneren Stress: mit Flucht-, Angriffs- oder starren Reaktionen. 

Unsere emotionale Ebene wehrt sich mit Händen und Füßen gegen die Bedürftigkeit. 

Es kann auch sein, dass der Körper reagiert und wir immer wieder verspannt, verkühlt oder krank sind. 

 

In den Selbstfürsorge-Ratgebern lesen wir dann fett gedruckt:

Bedürfnisorientierte Erziehung heiße, auch den eigenen Bedürfnissen nachzukommen. 

 

Vielfach hab ich in solchen Büchern gelesen, dass der Grund, warum wir Mütter unsere Bedürfnisse so stark vernachlässigen, ein gesellschaftlicher Druck sei. 

Ich kann mir vorstellen, dass das stimmt. Aber aus eigener Erfahrung weiß ich, dass auch Mütter, die sich fest vornehmen (mentale Ebene), ihre Bedürfnisse zu erfüllen, Schwierigkeiten haben damit. Warum?

Mamasein bis zur Erschöpfung
Mamasein bis zur Erschöpfung

Wir wissen meist nicht, was wir brauchen

Bei mir ist das zumindest oft so. Und auch meine Freundin, von der ich anfangs sprach, bestätigte mir das. 

Bevor wir Mütter waren, kamen wir nie soweit ins Bedürfnis-Minus, dass wir uns diese Frage so bewusst zu stellen hatten. Man machte einfach intuitiv Verschiedenes und irgendwas von den Dingen tankte einen wieder auf. 

Aber ein Luxus, den man als Mama nicht mehr hat, ist die viele Zeit dafür. 

Und erschwerend hinzu kommt der permanente Schlafmangel, das Stillen, das einen auslaugt,

die mangelnde Zeit, sich intuitiv-bewusst zu ernähren, das Vielmehr an Haushaltsaufgaben, der Mental-Load usw.

 

Eine Extremsituation, die man am eigenen Leib spüren muss, um zu verstehen. 

Eine Rechnung, die man begleichen muss: Bedürfnisse

Etwas, was mir mein Sohn wirklich lernt, ist, mich zutiefst mit mir auseinanderzusetzen. 

Ich dachte, das hätte ich in den Jahren vor ihm intensiv gemacht. Hab ich auch, aber Mama-sein ist Level 2.

 

Erst jetzt erkenne ich, dass ich mich oft gar nicht mehr richtig spüre und somit auch nicht weiß, was ich im Moment wirklich brauche. 

Um den Alltag zu schaffen, schneide ich mich von meinem Körpergespür und meiner Emotionalität ab. 

Aber die Rechnung der eigenen Bedürfnisse, vor allem der basalen, muss man immer irgendwann begleichen. Aufgeschoben meist mit Mahngebühren. 

Die große Chance

Ja, manchmal hab ich an der Schöpfung deshalb schon gezweifelt. Warum um alles in der Welt wird Frauen zum Teil schon ab ihrer Schwangerschaft so sehr die Energie entzogen (einige Frauen erbrechen bis zur Geburt so gut wie alles, was sie essen), um dann in den offiziell wichtigsten Jahren - den Anfangsjahren des Kindes - ausgelaugt und erschöpft die Bedürfnisse eines anderen erfüllen zu sollen?? 

Und oft verhält man sich dann im Energie-Minusbereich, ein Bereich, der innerlich großen Stress auslöst, ganz und gar nicht so reflektiert und liebevoll, wie man eigentlich möchte. Was wiederum ein Bedürfnis vernachlässigt: Das, eine gute, starke, sichere Mama zu sein. 

Manchmal ein Teufelskreis!

 

Aber wer bin ich schon, an der Schöpfung zu zweifeln? Ein ganz alter, weiser innerer Anteil von mir besteht drauf, dass das Leben per se Sinnangebote setzt - je nachdem, wie wir darauf reagieren. Und dass es dabei sehr geduldig mit uns ist, kleine Errungenschaften groß feiert. 

 

Und so durfte ich schon ganz kleine Schritte gehen und erkenne die Chance, 

in einer nie dagewesenen Dimension zu wachsen. 

Man lernt nie aus - vor allem über sich selbst
Man lernt nie aus - vor allem über sich selbst

Was ich bisher gelernt habe

Bedürfnisse?

Da hätte ich früher ein Referat aus dem Stegreif halten können. Einfach dahergelabert, was ich theoretisch in all den Ausbildungen und Büchern gelesen habe.

Und nun weiß ich, dass ich nichts wusste und erst beginne, zu erfahren.

 

Um wirklich Kraft für die Aufgaben des Tages zu tanken, darf es in erster Linie um die ganz grundlegenden Bedürfnisse gehen. Unsere körperlichen!

Mein wichtigster Sensor dafür,  was ich brauche, ist mein Körper! 

Er ist die Basis von allem.

Körper und Psyche hängen so eng zusammen und ich durfte lernen, dass meine Stimmung und meine Wahrnehmung sehr stark damit zusammenhängen,

ob mein Körper genährt ist. Zumindest ausreichend. 

 

Und der Körper zeigt einem auch emotionale Bedürfnisse. Wenn sich in mir starke Emotion anbahnt, spüre ich bestimmte Körperstellen intensiver. Er verkörpert sie. 

Dann schreit alles in mir: Spüre in dich hinein!!!! Sei präsent!!!

Oft wehre ich mich ganz lange dagegen. Wo ich mich doch so feinsäuberlich extra abgetrennt habe von meinem Gespür, um zu leisten.... *räusper*

 

Aber es führt kein Weg vorbei. Und von Mal zu Mal merke ich, dass es gar nicht soooo schwierig ist, mich zu nähren. Dass meine emotionale Bedürftigkeit vor allem die ist, gesehen und beachtet zu werden. Und das gelingt durch das achtsame Hinspüren und Hinatmen in meinen Körper. 

Zauberkraft Erdung

Um für sich selbst sorgen zu können, führt kein Weg daran vorbei, sich wieder mit seinem Körper zu verbinden. Ihn wieder spüren zu lernen, Stück für Stück. 

Niemand erwartet gleich Perfektion und manchmal ist es ja auch sehr praktisch, wegfühlen zu können. Vor allem in Extremsituationen. Aber auf Dauer - Nein!

 

Zugegeben, das hört sich sehr leicht an. Aber ich weiß, dass es sehr schwer sein kann. Denn wir alle sind anders konditioniert und unsere kollektive Menschheitsgeschichte hat Fragmentierung/ Abtrennung gefordert (man denke nur an die Kriege). Dies hat in uns allen Spuren hinterlassen. 

Sich mit seinem Körper zu verbinden, kann sich anfangs unsicher oder gar gefährlich anfühlen. 

Deshalb darf man sehr geduldig und verständnisvoll mit sich sein, wenn man zwei Schritte vor und einen wieder zurückgeht. (Oder umgekehrt)

 

Für mich und mein Nervensystem ist Erdung eine wahre Zauberkraft, um präsenter sein zu können. 

Erdung im Sinne von Rückverbindung mit der Natur, aus der wir alle stammen und die es gut mit uns meint. 

Zum Beispiel durch Barfußgehen (betreibe ich zurzeit exzessiv), viel Draußen sein in Wald und Natur, Einzelheiten in der Natur beobachten und dadurch innerlich ruhiger werden, mich bei Tieren aufhalten,

aber auch mich imaginär in die Erde verwurzeln und auf einem Erdungs-Leintuch schlafen.

Hört sich esoterisch an? Ist aber längst erforscht und die Wirkung im Körper fundiert wissenschaftlich erklärt. 

 

 

Durch eine gute Erdung fällt es mir leichter, meinen Körper besser zu spüren und auf seine Botschaften zu reagieren. 

Und davon abgesehen ist Entspannung und Sicherheit ein riesiges Bedürfnis von mir, das durch Erdung automatisch gestillt wird. 

Es braucht ein Dorf

Nicht nur für das Kind braucht es ein ganzes Dorf, damit es gut wachsen kann. 

Auch wir Mütter brauchen andere, die mit uns am Lagerfeuer sitzen und:

 

-zuhören

-da sind

-unterstützen

-von ihren Erfahrungen erzählen

-uns ihren Blick auf uns von Außen schildern

-oder uns einfach mal aus unserer Mama-Blase rausziehen & uns zum Lachen bringen - vielleicht sogar über uns selbst. ;-)

 

Was sind deine Erfahrungen?

Hast du andere oder ähnliche Erfahrungen bei deiner persönlichen Bedürfnis-Reise?

Ich freue mich, wenn du mir schreibst und berichtest! Oder möchtest du Unterstützung, um deine Bedürfnisse besser wahrnehmen zu lernen?

 

Es wäre schön, wenn noch mehr Menschen am Lagerfeuer Platz nehmen!!