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Selbstfürsorge als Mama

Nichts scheint moderner in der "Mutterszene" als der Begriff Selfcare für Mütter

Selfcare bedeutet übersetzt Selbstfürsorge und steht dafür, dass es wichtig ist,

sich nicht nur um alles rund um einen zu kümmern, sondern auch um sich selbst

 

Das sei nicht nur deshalb wichtig, weil unterversorgte Mütter eines Tages ausbrennen können, sondern auch, weil die primären Erziehungspersonen Vorbilder für ihre Kinder darstellen, denen diese es mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendwann [oft unbewusst] gleich tun werden. 

Ich lege noch ein Schauferl dazu und meine, es ist zusätzlich noch deshalb wichtig, 

ganz einfach, weil wir es wert sind!

Wir Mütter betreiben allgemein viel zu wenig Selbstfürsorge

Davon abgesehen, dass wesentlich weniger Zeit und Raum als vor der Mutterschaft dafür verfügbar ist - warum ist das so?

 

Gelesen hab ich, dass es v.a. deshalb ist, weil es gesellschaftlich nicht wertgeschätzt wird. Da zählt vor allem Leistung, Stärke, durchhalten. Also Rackern bis zum Abwinken. 

 

Das stimmt vermutlich auch. Aber bei mir wäre das eher eine Ausrede. Denn ich weiß, dass es für die Gesellschaft langfristig gesehen wesentlich besser ist, gesunde Mütter zu haben. Und auch, dass "die Gesellschaft" ja gar nicht sieht, womit ich meine Zeit verbringe. Der ist das egal. 

Und trotzdem bringe auch ich Selbstfürsorge nicht anständig unter, wo sie Platz hätte. Warum?

Selbstfürsorge ist manchmal schwerer als sie klingt

Nun klingt das sehr einfach, aber in der Praxis ist es das gar nicht unbedingt. Zumindest ist das bei mir so. 

Da habe ich gestern spontan 2 "Freistunden" bekommen, weil meine Schwester dankenswerterweise mit meinem Sohn eine Runde spazieren gegangen ist. Etwas, das ich nach der letzten Zeit, die stark von Schlafmangel und forderndem Verhalten meines Sohnes geprägt war, gut gebrauchen konnte.

Doch was tun in dieser Zeit? 

Sofort hab ich mich ertappt, wie ich zum Staubsauger gegriffen hätte. Das konnte ich gerade noch stoppen. Doch dann stand ich da und musste mich sammeln. Schlafen? Nein! Da war mir gerade zu schade um die Zeit - davon abgesehen, dass ich auf Kommando soundso nicht schlafen kann. 

Aber was dann? Und, oh Gott, die Zeit läuft!!!

 

Nun ist es nicht so, dass ich mich mit dem Thema nicht schon auseinandergesetzt hätte. 

Ich habe Bücher gelesen, in Begleitung eine Ressourcenliste erstellt und aufgehängt, geschätzte Freundinnen gefragt, wie sie es angehen. Außerdem hab ich in meiner Vergangenheit oft Zeit für mich gehabt und gestaltet. 

Und trotzdem war es schwer und die Auswahl an Möglichkeiten machte es nicht gerade einfacher, mich zu entscheiden. 

Gerade, wenn da nur dieses rare Zeitfenster da ist und man selbst keine spontane Begeisterung für etwas Bestimmtes aufkommen spürt, weil man schlicht zu erschöpft ist. 

Jetzt soll ich mich um mich selbst auch noch kümmern?!

Und schon wurde aus der gewonnen Zeit etwas, das mir Druck machte.

Anstatt von Leichtigkeit kam Schwere hoch - und Gefühle von Hilflosigkeit, Wut und Enttäuschung.

Und es bauschte sich immer mehr auf, weil ich mich gegen die Gefühle wehrte. Ich wollte doch Kraft tanken & jetzt war es nur umso schwerer.... So ein Sch***!

 

Heute versteh ich, wie wichtig diese Gefühle gestern waren. Und aber auch alle Mütter, die lieber eine Ausrede haben, warum sie keine Zeit dafür hätten. Denn zu erkennen, dass es (auch) an einem selbst liegt, kann schmerzvoll sein. Zusätzlich Kraft kosten. 

Selbstfürsorge ist eine Neuerfindung

Ich glaube, der Grund, warum Selfcare so schwer ist, liegt zu einem Großteil daran, dass die eigenen Bedürfnisse spüren und sich entsprechend zu nähren, nichts ist, was wir gut genug lernen. Wer sind unsere Vorbilder? Die Generation vor uns konnte das bestimmt nicht, die Aufgabe ihrer Zeit war eine ganz andere. Sie sind die Kinder der Kriegsgeneration. 

Ihnen kann man das nicht verdenken. 

 

Und wir?

Wir dürfen es erst lernen, uns selbst gut zu versorgen!

Viel zu hoch ist der Anspruch, neben der Muttertät (also der Zeit, in der man das Muttersein lernt) schon perfekt Selbstfürsorge betreiben zu können! Denn dass Selbstfürsorge notwendig & zugleich erst zu lernen ist, findet man oft auch erst als Mama heraus. Vorher scheint es irgendwie wie von alleine zu gehen. Aber das ist eine ganz andere Ebene. 

 

Mir persönlich tut es sehr gut, mir zu erlauben, Selbstfürsorge erst lernen zu dürfen. Mir einzugestehen, dass ich noch kein Profi darin sein kann und es vielleicht auch nie sein werde, weil es ein lebenslanger Prozess ist. Denn Bedürfnisse sind immer im Wandel. Und so ist es auch ihre Befriedigung. 

Selbstfürsorge ist höchst individuell und situativ

Natürlich wäre es leichter, ein Buch darüber zu lesen und einfach nur dessen Anleitung zu befolgen. 

Aber auch wenn ein Buch gute Impulse liefern kann, wird es uns das Essenzielle der Sache nie abnehmen: Nämlich uns selbst gerecht zu werden. Wir sind Individuen und das ist ja auch das Schöne an uns!

Es kann sogar verletzend sein, sich selbst etwas überzustülpen, was nicht passt - als würde man in Aschenputtels Schuh reinpassen wollen und sich dabei eine Ferse abhacken. 

So geht es mir zum Beispiel, wenn ich Instagram-Mütter-Selfcare abkupfere und Yoga oder Meditation praktiziere. So sehr ich es auch möchte, es gibt mir nichts. Wenn ich ganz ehrlich bin, gleicht es sogar einer weiteren Verpflichtung. 

 

Und so sehr ich Waldspaziergänge liebe, gestern hätte so einer mir keine Energie geschenkt. Eher zusätzliche gekostet. Denn ich brauche nicht immer dasselbe. 

Viele von uns tragen Wunden zum Thema "Fürsorge erfahren" in sich

Beschäftige ich mich mit meiner Fürsorge, fallen mit unweigerlich die wunden Stellen aus meiner Kindheit auf, die sich zu wenig oder nicht gerecht versorgt fühlen.

Aus meiner Arbeit mit Menschen weiß ich, dass das nichts Ungewöhnliches ist. Eher scheint es mir sogar als ein kollektives Thema, das manche mehr und anderen weniger beschäftigt. 

 

Hinter starken Gefühlen erkennen wir oft unser inneres Kind
Hinter starken Gefühlen erkennen wir oft unser inneres Kind

Aber natürlich darf man die Dynamik solcher Wunden nicht unterschätzen. Viele meiner Gefühle, wie die Hilflosigkeit, Wut und Enttäuschung, die ich weiter oben erwähnt habe, entstammen meinem inneren Kind. 

Und auch ich bin nicht gefeit davor, dies dann und wann auf meinen Partner zu projizieren. Ich gehe davon aus, dass es auch umgekehrt so ist. 

Mir dessen bewusst zu sein, hilft mir. 

Uns allen in der Familie soll es gut gehen

Diesen Satz hat mein Partner einmal gesagt. 

Er hat sich bei mir eingebrannt und so einfach er klingt, so kraftvoll ist er für mich. 

 

Wir alle sind soziale Wesen, unweigerlich miteinander verbunden. Uns kann es immer nur so gut gehen, wie es dem Geringsten von uns geht. [Das hört sich ja fast an, als entstamme es der Bibel]

Natürlich ist Selbstfürsorge wichtig! Aber für mich kann es definitiv nicht sein, dass Mütter allein für ihr eigenes Wohl zuständig sind, während sie selbstverständlich für alle anderen in der Familie sorgen. 

Fürsorge darf ein gemeinsamer Familien-Wert sein. Alle für einen, einer für alle! So bekommt das "WIR" noch viel mehr Bedeutung. 

Selbstfürsorge ist mehr als eine Praline, eine heiße Badewanne oder ein Waldspaziergang.

Ja, das alles tut wohl, kann wärmen und aufbauen. 
Aber für mich ist für sich zu sorgen vor allem eine Haltung

Bei mir impliziert diese Haltung, dass ich sehe, was ich alles leiste, dass ich mich anerkenne, mir Fehler verzeihe und mir ein schönes, sattes Leben gönne. Ich bin FÜR mich! (SelbstFÜRsorge)

 

Und aus dieser Haltung heraus kann sowohl eine Küche aufräumen als auch das Chaos liegen lassen eine Handlung der Fürsorge sein. Denn nicht die Handlung an sich ist das Entscheidende, sondern das "Wofür". 

Zu guter Letzt

Helen Keller meinte einmal: 

"Liebe mich dann am meisten, wenn ich es am wenigsten verdiene, 

denn dann brauche ich es am nötigsten."

 

Manchmal übersehe ich es, für mich zu sorgen. Mein Nervensystem ist dann völlig überreizt und ich ungeduldig, wütend, blöd. Ein Punkt, an dem man nicht mehr tiefer fallen kann ist der, an dem man am Boden landet. Und genau da greift Selbstfürsorge für mich am meisten - denn dort warte ich auf mich und anstatt mich zu verurteilen, halte ich mich fest, höre mir zu und stehe zu mir. 

Es ist nie zu spät, FÜR sich selbst zu sein!
Es ist nie zu spät, FÜR sich selbst zu sein!