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Um ein Kind großzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf

Fast ein Jahr ist es her, dass ich den letzten Text auf Löwenerde hinterlassen habe. 

Aber - das gleich vorweg - ich hatte einen guten Grund dafür. Eigentlich den besten: 

Ich bin zum ersten Mal Mama geworden und habe mich dieser neuen Erfahrung mit Haut und Haaren hingegeben. 

 

Niemals hätte ich gedacht, dass es so schön ist, Mama zu sein. Dass man so lieben kann!

Und niemals, dass es zum anderen auch so herausfordernd ist. 

 

Einen Satz, den viele Mütter nicht mehr hören können: "Das ist nur eine Phase, das geht vorbei." 

Eine Phase wird abgelöst von der anderen: die Neugeborenen-Phase, Bauchweh-Phase, Zahnungs-Phase, .... Jede ist wunderbar und zugleich auch wieder auf ihre Art anstrengend. 

Ich befinde mich da immer in einem Spannungsfeld zwischen den beiden Seiten "Froh sein, wenn es vorbei ist" und "Die Zeit soll stehenbleiben".

 

Ganz ehrlich? Energiemäßig hab ich jeden Tag zutun, durchzuhalten. Jeden einzelnen Tag hab ich mindestens einmal das Gefühl, nicht mehr zu können. 

Seit mehr als sieben Monaten hab ich nicht mehr anständig geschlafen, mein Sohn wird jede Nacht zwischen 5 und 10 Mal munter. Zugleich fühle ich mich rastlos. Wie viele Mütter schaffe ich es oft nicht, mich am Tag niederzulegen, wenn er schläft, sondern nutze die Zeit, um in Ruhe etwas zu erledigen. 

 

Diese Woche ist eine besondere Challenge, da mein Partner -wohlverdient- in den Bergen Motorradfahren ist. 

Das bedeutet für mich 7 mal 24 Stunden absolute  und alleinige Verantwortung.

Und GOTT SEI DANK schaffte ich es rechtzeitig/kurz vorher, meinen Griff zu lockern & meinen Sohn stundenweise Dritten anzuvertrauen. 

 

Das war für mich ein Riesenschritt!

Nicht, dass ich den Auserwählten nicht vertraute. Es fiel mir tatsächlich bis vor kurzem einfach nicht ein, dass das auch eine Option wäre. Ich bin es einfach gewohnt, alles alleine zu schaffen. Dass um Hilfe bitten eine Möglichkeit ist, fällt mir meist erst sehr spät oder gar nicht ein. 

 

In "Eat, Pray, Love" erzählt Liz einen alten italienischen Witz:

Ein armer Mann betet jeden Tag die Statue eines italienischen Heiligen an und fleht: 'Lieber Heiliger, bitte bitte bitte, mach, dass ich in der Lotterie gewinne. Tag für Tag geht er wieder zur Statue. 
Irgendwann wird die verärgerte Statue lebendig, blickt auf den flehenden Mann herab und sagt: 'Mein Sohn, bitte bitte bitte, kauf dir ein Los!' 

 

 

Bitte, bitte, bitte kauf dir ein Los!
Bitte, bitte, bitte kauf dir ein Los!

 

Liz meint anschließend, sie nehme sich diesen Witz zu Herzen und habe sich deshalb gleich 3 Lose gekauft (Italien, Indien und Bali als Reiseziel).

Und ich? Ich hab mir für diese Woche gleich 5 Lose gekauft!!

->Alle meine vier Schwestern und meine Mama.

Sie sind die Auserwählten -meine Vertrauensgarde- der ich meinen kostbarsten Schatz anvertrauen kann. 

Jede von ihnen hat herzlich zugesagt, sich stundenweise um meinen Sohn zu kümmern, damit ich etwas Zeit für mich habe. 

 

Ein afrikanisches Sprichwort besagt:

Um ein Kind großzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf. 

Nie zuvor hab ich diesen Satz besser verstanden!

 

Nicht nur ich profitiere von diesen zwei, drei Stunden, in denen mir mein Sohn "abgenommen" wird. 

Auch er ist dann merklich gut drauf und ausgeglichen. Und meinen Schwestern und meiner Mutter glaube ich auch, wenn sie mir rückmelden, dass sie die Zeit mit ihm sehr genießen. 

Ein Dreieck, das an allen Ecken ausgeglichen ist (gleichschenkelig?!)!

 

Plötzlich fühle ich mich nicht mehr überfordert. Ich muss nicht mehr als das non plus ultra Vorbild wirken. 

Mein Sohn kommt in Berührung mit den verschiedensten Geschicken & Vorzügen.

Er darf die Wände seines Innenraums mit vielen (Vor-)Bildern schmücken. 

 

Hoffentlich werden diese Wände immer bunter!
Hoffentlich werden diese Wände immer bunter!

Um ehrlich zu sein hat es eine Weile gedauert, soweit loszulassen. 

Ja, er ist mein Sohn. Und auch ist er wieder nicht mein Sohn. 

 

Auf jeden Fall vergönne ich ihm Eltern, die ihm vorleben, dass sie glücklich und -soweit möglich-, ausgeglichen sind. 

Eltern, die ihm keinen "Grausn" vor eigenen Kindern machen. 

 

Und somit forschen wir weiter, was es für uns alle Drei braucht, damit es uns gut geht....

 


Lag gestern Abend vor meiner Tür. Ein Dorf stärkt wohl auch auch ganz basal bei der Kindererziehung! :-)
Lag gestern Abend vor meiner Tür. Ein Dorf stärkt wohl auch auch ganz basal bei der Kindererziehung! :-)
Physiognomie- sich umarmende Karotten
Physiognomie- sich umarmende Karotten