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Das Leben ist schön

Momentan ist es nicht gerade leicht. 

Umweltkatastrophen, Corona, Blackout, Geldentwertung, Aggressionen. 

Ich jobbe in einem Bio-Cafe & mich erschrickt, wieviel Raum diese Themen bei den Tischgesprächen einnehmen. Und ich darf mich da nicht ausnehmen - auch an mir bemerke ich, dass ich wesentlich öfter an diese Themen denke und von ihnen spreche, als ich möchte.

 

All das macht schwer. Sehr!

Und es dürfte nicht nur mir so gehen, denn mir wurde in letzter Zeit vielfach anvertraut, dass Leichtigkeit und Lebensfreude sich bei vielen  klammheimlich durch die Hintertür geschlichen hätten & seither als vermisst galten.

 

Es erscheint, als verhielte sich "Leichtigkeit" wie ein Ganove: stets eine Stadt voraus, wechselt Name und Haarfarbe, um einem zu entwischen; Schleicht sich zur Hintertür des Motels hinaus, während man gerade mit dem neuesten Suchbefehl durch die Lobby poltert, und hinterlässt- um einen zu foppen - nur eine glühende Zigarette im Aschenbecher.

[diese großartige Metapher entstammt leider nicht meiner Feder, sondern Elizabeth Gilbert's ;-]

 

Ich glaube, dass wir es übersehen haben, wann genau Leichtigkeit mit Schwere "Tausche Familie" gespielt hat. 

Aber wie auch in der Meditation, ist der Moment, in dem einem bewusst wird, dass man abgeschweift ist, immer der richtige.

Und dann darf es losgehen...

 

Der Schritt von Schwere zu Leichtigkeit scheint erstmals riesig. 

Es stellt sich die Frage: "Wo anfangen?!"

 

Meine große Schwester inspiriert mich.

"Das Leben ist schön", meinte sie, & verwies dabei auch auf den gleichnamigen Film von Roberto Benigni (1997). 

In diesem geht es darum, dass Guido, seine Frau und sein kleiner Sohn in ein nationalsozialistisches Konzentrationslager deportiert werden. 

[Um seinen Sohn zu beschützen und ihn vor der grauenvollen Realität zu bewahren, erzählt ihm Guido, der Aufenthalt sei ein kompliziertes Spiel, dessen Regeln sie genau einhalten müssten, um am Ende als Sieger einen echten Panzer zu gewinnen. Hierbei versucht der Vater alles Mögliche, um seinem Sohn den Aufenthalt im Lager so angenehm wie möglich zu gestalten und die Fassade der Täuschung aufrechtzuerhalten.] -Auszug von Wikipedia

 

Meine Schwester setzt ein Zeichen für das gute Leben, das auch unter diesen Umständen möglich ist, 

geht nun wöchentlich in die Sauna, ins Fitnessstudio, tanzt,... Sie holt sich ein Stück weit "Urlaub vom Alltag" in ihr Leben, integriert dies. 

 

Als UngeimpfteR ist es gerade natürlich nicht so leicht, in die Sauna oder in das Fitnessstudio zu gehen. Aber darum geht's hier nicht. Es geht um die Möglichkeiten innerhalb der eigenen Freiräume. (Ich denke, wer jetzt noch auf die Impfung verzichtet, tut dies aus einem starken Wert heraus & kann kraft dieses Wertes auf gewisse Dinge verzichten)

 

Uns ist oft gar nicht bewusst, wie viele Möglichkeiten wir haben!

Aber wir können den Fokus wieder darauf richten. 

Vielleicht können wir lernen, den Horizont der Möglichkeiten wieder zu sehen, bevor unser Haus einstürzen und als Ruine den Blick in den Himmel freigeben muss.

 

Meine Schwester integriert spielerisch Dinge der Leichtigkeit in ihren Alltag. Dinge, die keine Pflicht darstellen & keinem Zweck dienen, sondern einfach nur passieren, weil es ihr taugt. 

Die Zeit dafür hat man, man muss sie sich nur nehmen. In Zeiten wie diesen wichtig, um sich über Wasser zu halten!

 

Was könnten solche Dinge sein?

Wunderbar dienen ganz neue Dinge. Etwas, das man noch nie getan hat. 

Aber auch Bewährtes, das man sich normalerweise nicht erlaubt, findet hier genau seinen Platz.

 

Impulse:

-Einen besonderen Fisch kaufen, ein raffiniertes Rezept heraussuchen & sich selbst zauberhaft bekochen

-Einen Spaziergang im kühlen Finsteren machen & von außen über die Gemütlichkeit innerhalb der beleuchteten Häuser phantasieren

-Sich zu einem Online-Vortrag anmelden, mit dessen Thema man sich noch nie beschäftigt hat (Bratapfelkochkurs, das richtige Vermehren von Tigerfeldlilien, Klauenpflege bei Alpakas o.ä.)

-Jemanden anrufen, von dem man schon Jahre nichts mehr gehört hat

-zu einem Lied tanzen, das man schon immer abscheulich gefunden hat

-zu einem Lied tanzen, zu dessen man sich nie offen stehen trauen hat, dass es einem taugt

-eine Makramee-Blumenampel knüpfen

-sich jeden Tag 1 "Good News"-Beitrag lesen (Gratis-App oder Internet)

-mit einem Messer bewaffnet durch einen Wald streifen und Harz sammeln...

-...um dann zu räuchern

-eine besondere Gesichtsmaske genießen

-das gute alte Dankbarkeitstagebuch

-ein Rubbellos kaufen und an das Glück glauben

-3 Minuten sprinten

-sich einen guten Sexpodcast anhören

-sich im Finsteren in einen Raum setzen, 1 Kerze entzünden & sich ganz bewusst ein Lied anhören

-im Moment großer Freude eine Sprachmemo als Botschaft für sich aufnehmen

-Sonntag Morgen der heilige Messe im Stephansdom beiwohnen (Liveübertragung übers Internet) & sich anschließend ein Kracherl gönnen (wie früher, wenn man in die Kirche gegangen ist & man dann beim Wirt ein Kracherl bekommen hat)

-Fußbad

-weinen (nach der Schwere kommt die Leichtigkeit)

-einen Brief schreiben & versenden

 

Das ginge jetzt ins Unermessliche.

Tatsächlich muss man seinem Gehirn nur mal auf die Sprünge helfen, dann scheint es die richtigen Kanäle zu öffnen & zeigt einem Möglichkeit über Möglichkeit auf. 

 

Das wichtigste: TUN!

 

Zu schnell vergisst man wieder darauf. 

Manche empfehlen, sich "Me-Momente" als Termin in den Kalender einzutragen. Oder sie gleich als Morgenroutine einzuführen.

Es muss einem einfach wichtig genug sein. Hier geht's schließlich nicht nur um Lebensfreude, sondern auch um Burnout-Prophylaxe & deine Resilienz. Also auch solidarisch gesehen ein wichtiger Akt für den Erhalt der Gesellschaft ;-)

 

 

Etwas sehr Schönes über Leichtigkeit hab ich vor kurzem bei einem Imaginationsabend im Mühlviertel erfahren:

Schatten kann nur dort existieren, wo Licht ist. Das, & nicht umgekehrt. 

Wo Schwere spürbar ist, muss Leichtigkeit vorhanden sein. Nur zeigt sie sich nicht immer in der Form und Intensität, wie wir sie uns wünschen. 

Leichtigkeit hat unglaublich viele Erscheinungsformen und Grade. Manchmal zeigt sie sich nur dadurch, dass es etwas weniger schwer ist. Manchmal in Form von Berührung oder dass jemand aufmerksam zuhört. Durch einen geruhsamen Schlaf.

Und dann dynamisch durch ein lautes Lachen, das man schier nicht bändigen kann. 

 

Das Leben ist nie nur schwer, 

Leben ist immer beides. Und zwar nebeneinander.

 

Statt gegen die Schwere zu kämpfen, wenden wir uns der Leichtigkeit zu. 

Das Leben ist schön.