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Ein Quantum Trost des Religionsphilosophen

Heute hatte ich einen Telefon-Termin mit meiner Beraterin vom FBZ.
FBZ steht für FrauenBerufsZentrum. Im Endeffekt handelt es sich um einen AMS-Kurs^^

 

Aber, wie ich wider Erwarten herausfinden durfte, um eine ziemlich sinnvolle Sache.
Da ich das erste Mal in die Kategorie „arbeitslos“ falle, musste ich zuerst auf die Meinungen zurückgreifen, die Menschen normalerweise über AMS-Kurse von sich geben: „Dasst halt aus der Statistik fällst & dir nix antust. Bringen tut´s aber nix.“

 

Nach 2 Telefonaten mit „meiner“ „persönlichen Beraterin“ weiß ich, dass es jetzt schon einen Mehrwert für mich hat.
Alleine, wie sie mit mir umgeht – achtsam, aufmerksam, unvoreingenommen, auf gleicher Augenhöhe, wertschätzend, bestärkend. Da ich mich selbst gerade in der Ausbildung zum Lebensberater befinde, schätze ich es umso mehr, diese Erfahrung machen zu dürfen:
In das Feld der Arbeitslosigkeit einzutauchen (& glaubt mir, es fühlt sich nicht besonders gut an, am Gang des AMS auf seinen Termin zu warten) & zu erspüren, was einen in dieser Situation unterstützt, stärkt, worum man insgeheim bettelt.

 

Diese gute Frau hat mich heute sorgsam immer wieder dahin geführt, ehrlich zu sein. Sie vermittelte mir, dass es ihr nicht darum gehe, mich schnellstmöglich & dem System nützlich wiedereinzugliedern, sondern eine Perspektive zu erarbeiten, in der ich Wohlbefinden spüre & mich glücklich fühlen kann.
Wow, oder?

 

Sie wies mich sanft darauf hin, dass sie an meinen Antworten zum Teil Halbherzigkeit erkenne, welche sie darauf rückschloss, dass ich es ihr Recht machen wolle. Sie ermutigte mich, das Gespräch als Trainingsplatz für kleine Bereiche zu verwenden, um meine Bedürfnisse auszusprechen.
Wow, oder?!

 

Sie traf den Nagel auf den Kopf!
Genauso verhielt es sich. Ähhm…verhielt ich mich. *räusper*- verhalte ich mich.
Nicht nur beim Finden einer gemeinsamen Lösung mit jemandem, auch bei ganz alltäglichen Gesprächen, selbst bei meiner „persönlichen Präsentation“ verhalte ich mich wie ein Spürhund, der kleinste Fährten erspürt,
wie ein Detektiv, der im Gegenüber mit zu Schlitzen geformten Augen nach Anhaltspunkten sucht,
wie ein Baum, der auf jegliche Pheromone reagiert,
um zu erahnen, was der andere von mir wünscht, dass ich sage oder darstelle.
Ein reiner Kompromiss.
Was für ein kläglicher Abklatsch puren Seins.

 

Natürlich weiß ich aus der Beschäftigung mit psychologischen Mustern, dass dies nichts ist, wofür man sich schämen oder kritisieren muss.
Es ist einfach eine Variante, um sich Zuneigung (oder Aufmerksamkeit) einzuholen, wahrscheinlich frühkindlich erlernt & später perfektioniert, alles unbewusst.
Wir alle haben ein solches Muster, variantenreich, unserem Wesen am ehesten entsprechend.  
Und trotzdem liegt es in der persönlichen Verantwortung, dieses Muster auszuhebeln, sobald es uns bewusst wird.
Der Rote Faden in Frankls Relikt ist die Aussage, dass wir zwar nicht dafür verantwortlich sind, was uns passiert, aber durchaus, was wir daraus machen.
Dies ist UNSER persönlicher Sinnanruf.

 

 

Der spürbare bzw. „hörbare“ Anruf dabei ist unsere Sehnsucht.
Es ist die Sehnsucht nach Authentizität. Denn im Normalfall hält uns jedes erlernte Muster genau davon ab- den erlernten Rebellen oder den Fleißigen, genauso wie die Primaballerina oder die „Sich-Aufopfernde“.
Sie alle eint eine breite Palette an Gefühlen &  situativen Antwortbedürfnissen, die in ihrer erlernten Rolle zu kurz kommen.

 

Auch ich will authentisch & ehrlich sein. Natürlich will ich das.
Aber will ich es genauso viel wie gemocht werden?
(Ich erahne anscheinend Schlimmstes, wenn ich mich erstmal zu Wort kommen lasse :)

Die Frage ist: Weiß ich überhaupt, wer ich bin & was ich will? (was ja schließlich Voraussetzung ist)
Vielleicht ein bisschen?

 

Gott sein Dank gab es: Martin Buber. Wieder einmal.
Er ist es, ein österreichisch-israelischer jüdischer Religionsphilosoph (jaja, solche Leute hab ich in petto), der mich jetzt aus der Versenkung holt. Er war es nämlich, der sagte, man wird erst richtig man selbst, wenn man sich mit anderen/m beschäftigt- am DU zum ICH-
was übersetzt auch heißen kann: an der Andersartigkeit, an dem, was ich nicht bin, werde ich ICH.
Somit kann ich auch am „NICHT-ICH-GEWESEN-SEIN“ ICH werden.

 


Diese wunderbare Beraterin hat mir einmal mehr als fungierendes DU aufgezeigt, was ich zutiefst nicht bin- nämlich nicht ich.
Und basierend auf dem Bewusstsein dessen, dass ich immer mal wieder dahinein rutsche, nicht wahrlich ich zu sein,
darf ich immer mehr wahrnehmen & erkennen, was schon ich bin.

(Warum nicht die Fähigkeit des Fährtenlesens auch für sich selbst nutzen?)


Und manchmal bedeutet ICH zu sein, meine Bedürfnisse zum Wohle anderer zurückzustellen.
Denn dann ist es nur ein Zurückstellen von körperlichen oder psychischen Bedürfnissen, aber nicht von meinen geistigen (auch >seelischen< genannt).
Denn letztenendes entspricht es am ehesten meinem Wesen.
Auf die Situation kommt´s halt an ;-)



Der Mensch wird am Du zum Ich.

Gegenüber kommt und entschwindet,

Beziehungsereignisse verdichten sich und zerstieben,

und im Wechsel klärt sich,

von Mal zu Mal wachsend,

das Bewusstsein des gleichbleibenden Partners,

das Ich-Bewusstsein.

(M. Buber)